Testserie: Der BMW X1 entdeckt die Langsamkeit - WELT (2024)

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Die Größe einer Marktnische ist schwer zu beziffern, im Fall des BMW X1 aber gibt es ein perfektes Maß dafür: 91 Millimeter. Sie machen den wesentlichen Unterschied aus zwischen einem X1 und dem 3er Touring, es geht dabei aber nicht um die Länge der Fahrzeuge, sondern um die Höhe ihrer Sitzflächen.

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Natürlich ist die bei beiden Autos verstellbar, doch wenn der Fahrersitz jeweils in seiner mittleren Position arretiert wird, dann liegt der sogenannte Hüftpunkt im X1 eben neun Zentimeter höher als im 3er Touring. Aber auch noch zwölf Zentimeter niedriger als im nächstgrößeren SUV-Modell X3.

Jedenfalls hat BMW in den 21 Zentimetern, die zwischen 3er und X3 liegen, eine ganze Welt erschaffen: Der X1 ist inzwischen populärer als der X3, der sich im Segment der kompakten SUV längst an eine der vorderen Positionen gekämpft hat, trotz seines vergleichsweise hohen Preises. Doch der X1, eher ein Zwitterwesen aus Kombi und SUV, trifft offenbar noch besser den wichtigsten Nerv der Autofahrer: den in ihrem Gesäß.

Einsteigen oder Hineinplumpsen?

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Die neun Zentimeter zwischen 3er und X1 bilden, zumindest ab einem bestimmten Alter, den Unterschied zwischen würdevollem Einsteigen und hilflosem Plumpsen. Zwar ist ein 3er kein besonders tiefer Sportwagen, aber die Sitzhöhe des X1 passt einfach zu perfekt, um ihn nicht gut zu finden. Nach dem Einsteigen stellt sich zudem eine bessere Übersicht ein, doch von außen wird der X1 nicht als so großmächtig wahrgenommen wie Autos der X3-Kategorie.

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Wenn also die Theorie richtig ist, dass es vor allem darauf ankommt, dass man sich alltäglich beim Sitzen im Auto wohlfühlt, dann ist der Rest nicht mehr so sehr von Belang. Dann kann man zum Beispiel auf den beim SUV typischen Allradantrieb verzichten (was auch schon andere Hersteller erkannt haben, und was BMW beim X3 ebenfalls anbietet). Und die Leistung des Motors ist dann vielleicht auch nicht mehr so wichtig.

Nur so ist zu erklären, dass BMW den X1 seit der letzten Modellpflege nicht nur wahlweise mit Hinterradantrieb (sDrive genannt) anbietet, sondern auch mit einem nur 116 PS leistenden Dieselmotor. Und wer den wählt, kann Allrad nicht einmal als Extra bestellen.

Dieser X1 zieht nicht die Wurst vom Teller

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Immerhin, das spart 2000 Euro, aber möglicherweise wäre der Motor mit der zusätzlichen Reibung im Antriebssystem und dem Extra-Gewicht auch überfordert gewesen. Denn der X1 sDrive 16d (was für ein Name!) ist nicht der BMW, der die Wurst vom Teller zieht. In der Ruhe liegt für dieses Auto die Kraft, und es punktet nicht mit markentypischen Beschleunigungswerten, sondern dient sich eher denjenigen an, die mit BMW sparsames Fahren verbinden.

Diese Karte spielt der Münchner Hersteller seit einigen Jahren ja auch, und das nicht ohne Erfolg. Das Schlagwort Efficient Dynamics ist zwar in der internationalen Marketingsprache gehalten, wird aber in Deutschland noch am besten verstanden, besser jedenfalls als das gemischte Doppel aus Bluetec und Blue Efficiency von der Konkurrenz mit dem Stern.

BMW hat als erste Marke die Start-Stopp-Automatik eingebaut, sogar serienmäßig, und den Autos weitere Techniken hinzugefügt, die den Verbrauch abzusenken halfen, etwa die Rückgewinnung eines Teils der beim Bremsen verpuffenden Energie.

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So ist heute auch ein X1 erhältlich, der 163 PS leistet und nach Norm nur 4,5 Liter Diesel verbraucht. Wer sich vom X1 16d wegen der geringeren Leistung des ansonsten gleichen Zweiliter-Turbodiesels einen noch günstigeren Wert verspricht, liegt allerdings falsch: 4,9 Liter auf 100 Kilometer lautet der Normwert, im Alltag hat das Auto bei uns 6,3 Liter verbraucht.

Viel Spar-Hightech kostet auch viel Geld

Das besonders sparsame X1-Modell ist aber auch mit der modernen Achtstufen-Automatik ausgestattet und kann zudem per Knopfdruck in den Eco-Pro-Modus geschaltet werden – damit werden die Hochschaltpunkte früher gesetzt, und Klimaanlage sowie Heizung arbeiten mit geringerer Leistung.

So viel Spar-Hightech kostet Geld: Für den X1 sDrive 20d Efficient Dynamics verlangt BMW 33.650 und nicht 29.100 Euro wie beim 16d. Der im Übrigen in den Gängen fünf und sechs dem Eco-Pro-Modus kaum nachsteht.

Lang übersetzt ist das Getriebe; das hilft, den Verbrauch zu senken. Zwar hält der Motor mit seinen 260 Newtonmeter Drehmoment den X1 auch im sechsten Gang noch in Bewegung, aber wer von seinem BMW ein bissiges Erobern der linken Spur erwartet, liegt definitiv falsch. Wer aber damit leben kann, dass sein BMW es etwas gelassener angehen lässt, der freut sich trotzdem über das Konzept X1.

Nach und nach bricht sich die Erkenntnis Bahn, dass an diesem Auto nicht nur die Sitzhöhe passt, sondern die gesamte Ergonomie. Die Güte der Verarbeitung, der Geruch der verwendeten Materialien – es ist angenehm, mit diesem Auto täglichen Umgang zu pflegen.

Als Kombi schwächelt der X1

Nutzwert bietet so ein X1 im Übrigen auch: Man kann ruhigen Gewissens zwei Erwachsene auf die Rückbank bitten, und der Gepäckraum ist mit 420 Liter Volumen in der Lage, mehr zu befördern als ein paar Einkaufstaschen.

Nur bei der Kombi-Funktion schwächelt der X1. Er ist im Vergleich zu 3er Touring und X3 weniger geräumig (420-1350 Liter), weshalb der gemeinsame Nachteil der Laderäume beim X1 besonders hervortritt: Man kann zwar die Rückenlehnen aller drei hinteren Sitzplätze einzeln und in beliebiger Kombination vorklappen, aber die Sitzfläche bleibt starr an ihrem Platz. So entsteht keine ebene Ladefläche.

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Viele Kombis und SUVs muten ihren Kunden diesen Mangel zu. Das legt den Schluss nahe, die perfekte Ausnutzung des Rückraumes sei den Autokäufern gar nicht so wichtig. Was seltsam ist, wo doch schon neun Zentimeter mehr Sitzhöhe sie wirklich bewegen können.

"Welt"-Reporter Stefan Anker twittert regelmäßig spontane Autonews und Beobachtungen aus Auto- und Testalltag. Er freut sich, wenn Sie hier klicken und ihm folgen. Oder Sie schauen auf seiner Facebook-Seite vorbei.

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